Brief 57: Kinderbücher lesen, schreiben, kaufen: 1. Tom, 2. Keith, 3. Ulla

Dear writers,

57 tom sayer hanserwas waren die besten Bücher, die Ihr dieses Jahr gelesen habt? Die meisten Romane, die ich zur Zeit lese, sind die, die ich meinem Sohn (9) vorlese. Ich genieße jetzt noch jeden Abend des gemeinsamen Lesens. Bald wird er sich selbst die Bücher reinziehen und dann ohne mich die Bände 5, 6 und 7 von Harry Potter lesen. Drum such ich für unsere letzten gemeinsamen Leseabenteuer noch die besten, wichtigsten, spannendsten, berührendsten Kinder-& Jugendbücher zusammen. Seit August lesen wir an der Neuübersetzung der Langfassung(!) der beiden Weltromane von Mark Twain: „Tom Saywer“ und „Huckleberry Finn“, zusammen etwa 600 Seiten (Hanser Verlag). Mehr zu Tom (1) später.

Zuvor möchte ich Euch noch Keith (2) vorstellen. Keith McGowan ist ein amerikanischer Kinderbuchautor, der seit 9 Jahren in Wien lebt, schreibt und publiziert: „The Witch’s Curse“ und „The Witch’s Guide to Cooking with Children“. Und juchey: Ab 2017 hält Keith im writersstudio das Seminar „Kinderbuch schreiben“. (Voraussetzung ist der Besuch unseres Short Story-Seminars!) Hier ein kurzes Interview mit Keith über das Schreiben und (Vor)Lesen von Kinderbüchern.

57 new witch-s guide paperback coverJ: Wie kam es, dass du Kinderbuchautor geworden bist?
K: Ich habe seit meiner Kindheit Geschichten geschrieben. Als Erwachsener habe ich zuerst alles Mögliche geschrieben, fiction und non-fiction, für Kinder und Erwachsene. Nach einiger Zeit wurde es offensichtlich, dass ich Geschichten für Kinder schreiben soll. Ich glaube, man entscheidet nicht, was man schreibt. Die Geschichten führen, ich folge.

J: Dann kamst du nach Wien, der Liebe wegen, und hast deine ersten beiden Kinderbücher (auf Englisch) hier geschrieben und sie in England und in den USA publiziert.
K: Genau. Zur Zeit schreibe ich an zwei weiteren Kinderbüchern. Bin ich nun ein amerikanischer oder ein Wiener Schriftsteller?

J: Beides wahrscheinlich. Was machst du sonst noch in Wien?
K: Ich leite Schreibworkshops für Kinder, arbeite als Schulbuch-Lektor und manchmal Englisch-Redakteur. Und ich bin Erzähler zweisprachiger Kindergeschichten in den Wiener Büchereien, bei „Kirango“. Das schätze ich besonders! Viele der Vorleser dort sind Einwanderer und wir lesen alle in unsere Muttersprachen vor. Als New Yorker liebe ich die internationale Stimmung unserer mehrsprachigen Geschichtenzeit.

Keith McGowan B
Keith bei der writers’studio Thanksgiving-Feier :-)

J: Viele Kinder- & Jugendbücher zu kennen, ist eine wichtige Basis für das Schreiben solcher. Was ist noch wichtig?
K: Zu verstehen, wie es ist, ein Kind zu sein! Was ist wichtig für Kinder? Ihre Prioritäten sind anders als die der Erwachsenen. Erwachsene denken manchmal, die Schwierigkeiten der Kinder seien klein: „Ha! Warte nur bis du erwachsen bist…” Ein Kinderbuchautor hingegen fühlt die Schwierigkeiten der Kinder so stark wie die Kinder selbst, auch ihre Träume, Hoffnungen, ihre Neugier.

J: Bist du im Kontakt mit anderen englischsprachigen SchriftstellerInnen?
K: Ja, klar. Einer lebt in Deutschland, die andere in Amerika. Wir skypen und emailen und tauschen unsere Manuskripte aus. Wir arbeiten als erste Lektoren voneinander.

J: Was glaubst du „tun“ gute Geschichten für Kinder?
Die Bandbreite ist ja riesig, von Bilderbüchern bis zur Jugendliteratur. Wir werden die Unterschiede in meinem Seminar im writers´studio genau abstecken. Aber, kurz gesagt: Kinderbücher sind der Eingang zur Literatur. Was tut Literatur für Erwachsene? Sie ermöglicht tiefe Einblicke ins Leben, in die Humanität. Sie lässt einen in geschichtliche Zeitspannen eintauchen. Literatur ist auch Unterhaltung, bringt zum Lachen. All das tun auch gute Kindergeschichten.

Tja, danke Keith, wie wahr! Ich bin jedenfalls tief fasziniert von Tom Saywer. David und ich tauchen seit Monaten jeden Abend in die Bubenwelt am Mississippi in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Da gibt´s Sklaverei und bigotte Tanten, Lehrer und Pfarrer. Und Buben, die ausreißen auf eine Insel am Fluss und dort fischen und Pfeife rauchen. Oder nachts am Friedhof mit einer toten Katze einen Mord beobachten. Da gruselts und verliebt es sich, da erleben wir Spannung und Fadesse (in der Kirche). Und Todesgefahr, als Tom sich mit seiner Angebeteten, mit Becky, in der Tropfsteinhöhle verläuft… und sie tagelang in dunklen, feuchten Gängen festsitzen… tja, dann ist naturgemäß die Symbolik stark.

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Schmökern beim Buchkontor hinter der Stadthalle.

George Steiner schrieb: „Wo Mark Twain begonnen hatte, konnte die Kinderpsychologie, konnte Piaget fortfahren.In „Tom Saywer“ findet sich alles, was die Kinder-/Bubenseele ausmacht. Dieses Buch hilft mir die Buben/Männerseele besser zu verstehen ;-) Und David fühlt sich puddelwohl in den heftigen Bubenabenteuern am Missisippi. Was für ein Genuss, wie langsam sich die Handlung entwickelt und einen doch nie loslässt. Ganz ein anderer Rhythmus als die nervösen Handyspiele (ach!). Außerdem verwickeln uns diese Bücher von Mark Twain in herrliche Gespräche über Geschichte, Schule, Freundschaft, Verrat, Rassismus… die ganze Welt in so einem Buch. Jetzt sind wir schon beim 2. Roman, bei „Huckleberry Finn“ und dem entflohenen Sklaven Jim… und die beiden werden uns über die Weihnachtstage tragen..

Die Zeit bis vor Weihnachten ist schon knapp. Doch hier noch ein Tipp für´s Kaufen von Kinder-Büchern. Nach Keith, Tom, Huck und Jim möchte ich Euch noch jemanden vorstellen:

Buchkontor 1
Ein Raum voller Kinderbücher, die neugierig und Lust auf mehr machen.

Also, 3. Ulla: Meine Freundin und frühere Buchhandels- & Verlagskollegin Ulla Harms hat in ihrer wunderbaren Buchhandlung „Buchkontor“ (gleich hinter der Stadthalle) vor kurzem einen supergemütlichen Kinderbuch-Raum eingerichtet! Hingehen, mit und ohne Kinder, schmökern, Newsletter bestellen! Es gibt im Buchkontor immer wieder feine Lesungen, auch für Kinder. Und wer´s noch nicht weiß: Der Buchkontor schickt portofrei per Post Bücher zu. Doch wer noch schnell ein Geschenk braucht, fährt jetzt einfach hin und lässt sich beraten.

Denn wir wollen die besten und schönsten Kinder-& Jugendbücher lesen, vorlesen, verschenken… und auch versuchen, welche zu schreiben J

Auf das Lesen, auf das Schreiben, auf die Kinder! Merry Christmas!

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Judith Merryberger

PS: Ein Tipp für Schreiben, Schreibräume, Schreibtreffs: Das cocoquadrat im 4. Bezirk in Wien ist ein Co-Workingcafé für alle Schreibgelegenheiten!

 

AKTUELL IM WRITERS´STUDIO

1. Restplätze
Mindwriting zum Jahreswechsel: Wünsche, Ideen & Fokus für das Jahr 2017 erschreiben, Start: 6. Jänner
Songwriting – Poetry für Fortgeschrittene, Start: 14. Jänner
Geniale Textbausteine für Facebook, Blogs & Co: Ideenfindung und Schreibprozesse für Social Media, Start: 24. Jänner
One-Day Retreat am Sonntag: Innere ZensorInnen auf Kur schicken & losschreiben, Start: 5. Februar
Writers´Tricks: In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken, Start: 16. Februar
Frei Geschrieben: Studium abschließen mit Schwung & Strategie. Mit neuen Methoden wissenschaftliches Schreiben knacken…, Start: 25. Februar
Die große Kunst des Überarbeitens: „Developmental Editing“ von Figuren, Dialogen, Spannung & Aufbau, Start: 17. März
Geballte Botschaften: Headlines, Titel, Slogans: Starke Überschriften für Artikel, Marketingtexte, Geschichten und Bücher, Start: 30. März

2. Neue, zusätzliche Seminartermine!
Ein Buch über mein Know-How schreiben! Von der Idee zur Sachbuch-Publikation, Start: 16. Februar
1×1 des journalistischen Schreibens für Nicht-JournalistInnen: Artikel schreiben für allerlei Zwecke & verstehen wie Medien ticken, Start: 29. Juni

3. Kostenlose Infoabende
Mi, 11. Jänner 2017, 18 Uhr: zu allen Seminaren aus dem Bereich „Passion Writing“
Mo, 23. Jänner 2017, 18 Uhr: zum Seminar Frei Geschrieben
Fr, 10. März 2017, 18 Uhr: zu allen Seminaren aus dem Bereich „Passion Writing“ und „Writing for Profession“
Fr, 21. April 2017, 17 Uhr: zum Lehrgang SchreibtrainerIn werden (TIP) 2017/18

4. Jede Woche ein Schreibtreff im writers´studio:
Schreibnacht: Jeden 1. Freitag im Monat.
1-Day Retreat mit Frühstück: Jeden 2. Montag im Monat.
Schreib-Fabrik mit Friendly Feedback: Jeden 3. Montag im Monat.
Schreib-Café mit Easy Yoga: Jeden 4. Donnerstag im Monat.
Schreibsonntag: 1 x im Quartal, nächster Termin: So, 13. November

Fotoquellen: Hanser Verlag & keithbooks.com, Buchkontor, Irene Steindl