Liebe Schreibende,
vor einem Jahr habe ich auf meine Visionscollage (für 2024) spontan ein Foto und ein Zitat von Sophie Scholl, dem großen Idol meiner Jugend, geklebt. Sie ist als sehr junge Frau mit kurzem Haar zu sehen, etwa 1933, die in jeder Hand einen Medizinball hält und in die Ferne schaut. Das Zitat von ihr (vermutlich aus ihrem Tagebuch), das in der Zeitschrift neben dem Foto stand, lautete: „Die Brävste bin ich nicht. Die Schönste will ich gar nicht sein. Aber die Gescheiteste bin ich immer noch!“ Ich habe das ganze vorige Jahr nicht verstanden, warum ich dieses Bild und dieses Zitat für meine Collage ausgewählt hatte. Als ich vorige Woche einen jungen Supermarktangestellten sah, wie er in seiner Arbeitspause die Rede von H. Kickl am Handy in hoher Lautstärke anschaute und befriedigt nickte, war meine Kanzler Kickl-Schockstarre augenblicklich überwunden. Sophie Scholl tauchte vor mir auf, ihre Flugblätter, ihr wacher Geist, ihr Mut, ihre glasklare Voice! Ich musste, während ich mein Rad mit Einkäufen bepackte, noch eine Weile unfreiwillig Kickl zuhören und stellte mir vor, wie der junge Verkäufer und mit ihm so viele begeistert sein werden. Ich sah vor mir, wie Kickl sie mit seiner nun staatsmännischen Kreidestimme weiter um den Finger wickeln wird. Sie werden sagen: „Ach was, so ein Kanzler ist doch nicht so schlimm. Endlich passiert was.“
Wir müssen jetzt GENAU hinschauen, was da passiert und „LAUT schreiben“ (wie eine Teilnehmerin es unlängst formulierte). Und wir müssen immer mehr junge Menschen dazu befähigen, verführerische Kreidestimmen zu lesen und stark zu schreiben! Ja, Lesen und Schreiben sind politische Kompetenzen.
Achtung: Am 25. Januar beginnt wieder unsere Schreibtrainer:innen-Ausbildung „Schreibkompetenz und Empowerment“ unter der Leitung von Evi Hammani-Freisleben.
Evi, wie hast du die Nachricht aufgenommen, dass die „rechtspopulistische“ Partei mit ihrem seit Jahrzehnten durch bösartigste Aussagen bekannten Chef nun mit der Bildung einer österreichischen Regierung betraut wurde (!!!)? Wo und wie hat es dich erwischt?
Evi Hammani-Freisleben: Ich war grade dabei, eine Wohnung in den Bergen von rustikal-sakral auf künstlerisch-kreativ umzugestalten, um für mich und andere ab diesem Neuen Jahr einen Rückzugsort zum Bücher Schreiben zu schaffen, als mich die Nachricht ereilte. „Happy New Year“ kommt mir seither nicht mehr leicht über die Lippen. Die Demokratie, in der wir zuhause sind, war in der Lebensspanne unserer Generation noch nie so in Gefahr wie momentan – in Österreich, europaweit, weltweit.
Schon am Tag 2 nach dem österreichischen Dammbruch gegen Rechts erzählten mir eine Taxifahrerin und eine Rotes Kreuz-Mitarbeiterin unabhängig voneinander von rassistischen Äußerungen und Übergriffen. Und dann wurde mir klar: Rückzug ist nicht das, was einer zu Stocker&Kickl einfallen sollte. Aber was tun? Sprachsatire, Lehre, Spaßguerilla? – Ich sondiere die Optionen sinnvollen Handelns. Wie gehen wir am wirksamsten in den Widerstand zu all dem?
Judith: Ich denke, dass Demos nur ein Teil demokratischen Handelns sein können. Wir müssen nun alle schauen, was wir in unserem jeweiligen schon besetzten Aktionsradius wirksam tun können. Im writers’studio sind wir jedenfalls wild entschlossen, unseren Beitrag zu leisten.
Evi: LEAVING OTHERS VIBRANTLY EMPOWERED! Diesen Grundsatz unserer Schreiblehre haben wir auf Postkarten gedruckt, weil wir überzeugt sind, dass prozessorientierte und stärkenorientierte Schreibdidaktik tatsächlich die Welt verändern kann.
Judith: Yes! Schreiben lernen heißt Denken lernen heißt Lesen lernen.
Evi: Diese Kulturtechniken tragen die Demokratie und ermöglichen uns, sie zu gestalten. Der konsequent stärkenorientierte Umgang mit Texten und ihren Verfasser*innen ist ein politischer Akt. Weil wir das wissen und lieben, bilden wir im Lehrgang „TIP –Schreibtrainer:in werden“ seit vielen Jahren Kolleg:innen aus, die in Schulen, an Universitäten, in Organisationen und Communities den Funken weitergeben.
An alle, die das hier lesen: Es könnte auch DEINE Weise sein, in einer schwierigen Weltlage dein Tun als sinnvoll zu erleben. Wenn du Schreiben und Menschen liebst und beruflich neu Schwung holen magst:
Komm in den TIP-Lehrgang 2025, werde Schreibtrainer*in, verändere die Welt (ein mittelkleines, superwertvolles Fuzerl ;)).
Judith: Achtung am 18. Januar ist die letzte Möglichkeit, Writers’Tricks (=Voraussetzung für TIP) zu besuchen. Melde dich rasch bei uns im Büro!
Und schau dir unser neues Video an, ganz frisch von der Spule.
Don´t forget to use your voice,
Judith und Evi
PS: „Glücklich“ wird dieses Jahr sein, wenn es uns gelingt, Demokratie und freie Medien vor der Abschaffung zu bewahren. Glück werden wir empfinden können, wenn viele viele Stimmen sich erheben für die Menschlichkeit und wenn eindrucksvolle kreative Initiativen dem Hass und der Dummheit den Stinkefinger zeigen. In DIESEM Sinne: Happy New Year! L.O.V.E. and Write!!! Widerstand!!!!!!!!!!
PPS: Die tollen Bilder stammen von der Art Installation „Raise your voice“ von Amanda Phingbodhipakkiya im sehr empfehlenswerten und kaum bekannten „Museum of the City of New York“, das ich im Sommer besucht habe. Amanda Phingbodhipakkiya ist eine junge Asian American Künstlerin in New York, die durch Performances und Public Art und Murals bekannt geworden ist. Sie sagt: “My practice invokes joy and belonging in the face of grief and injustice and dares us to imagine shared futures that redefine inherited narratives.”
Aktuell im writers’studio Verein
1. Restplätze für Workshops & Retreats
- Short Story – Einführung in das literarische Kunsthandwerk. Start: 22. Jan, 29. Jan und 12. Feb
- Literarische Spielräume – Perspektive, Sprache & Ton. Start: 1. März
- Kostenloser Schnupperworkshop für Jugendliche: Young Freewriters, 1. März
- Young Freewriters Semesterkurs. Start: 8. März
- Feminist Zoom Evenings – The Big Five – unsere Themen, unsere Sprache & unsere Voices. Start: 10. März
- Visual Diary – Spielerisches visuelles Gestalten im Journal als Türöffner & Vertiefung. Start: 3. April
- Let’s do HerStory! ÜBERSCHREIBEN wir die Geschichten, die wir in uns tragen und schreiben, wie es uns gefällt. Start: 5. Mai
2. Lehrgänge
- Passion Writing, Einstieg bis 18. Januar möglich
- Memoir Book: Einstieg bis 18. Januar möglich
3. Schreibtreffs
- Non-Fiction-Feedback-Gruppe – Im Motivations-Team zu fertigen Sachbüchern, Essays, Memoirs, Blog-Texten u.ä.: Di, 28. Jan
- Text Sharing Matinee – 1x im Monat am Sonntagvormittag > So, 23. Feb
- Write-in for members – Schreibtreff jeden 3. Donnerstag im Monat, nächster Termin: Do, 20. Feb
- Salon Margareten – Thema: Frauen, die schreiben, sind … wütend, anmaßend, zu laut & dann auch wieder sprachlos & verstummt!?
jeden 2. Samstag im Monat > Sa, 8. Feb - Feminist SchreibClub (feSC) für Absolventinnen, Start: 13. Feb
Aktuell im Institut für Schreibkompetenz
1. Restplätze
- Writers‘ Tricks – In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken.
Start: 22. Februar oder 1. April - Storytelling meets Wissenschaft (Workshop-Reihe Inky & the Brain), Start: Di, 11. Februar
- Creative Ink Tank – Kreative Methoden für die Wissenschaftskommunikation, Start: Di, 4. März
- Mein Know-how für Zeitungen, Magazine & Co. – Komplexe Inhalte in einen journalistischen Artikel gießen. Start: Do, 6. März
- Endlich ICH schreiben – Starke Essays, Kommentare & Meinungstexte. Start: Di, 1. April
- Bloggen & Microbloggen für Expert:innen – Wie Wissenschaftskommunikation online geht. Start: Do, 8. Mai
- KI-Tools, Prompts und Workflows – KI für den Schreibprozess sinnvoll nutzen. Start: Di, 3. Juni
- Klar argumentieren – Die Leser:innen auf Denkwege mitnehmen. Start: Mi, 3. Sep
- Textfinish für Inky & the Brain – Leser:innenorientierung & Voice für knackige Texte. Start, Di, 30. Sep
2. Lehrgänge
- Schreibtrainer:in werden – Schreibkompetenz und Empowerment, Start: 25. Jan (Zoom-Gruppe)
- Spannendes Sachbuch schreiben!, Start: Januar 25
- Neu: Workshop-Reihe eue Workshop-Reihe für Wissenschaftler:innen und Expert:innen: Inky & the Brain – Komplexe Inhalte schreibend vermitteln