Liebe Schreibende,
dies ist kein Weihnachtsgruß, auch wenn ich euch sehr erholsame Feiertage wünsche. Dies ist vielleicht ein Anti-Weihnachtsgruß. Unpassend, aber wichtig.
„Learn to say “Fuck you” to the world once in a while”, schreibt Sol Lewitt in einem berühmt gewordenen Brief an Eva Hesse*. Also ein bildender Künstler schickt an seine Kollegin einen langen Motivationsbrief (im April 1965), in dem er die zentrale Frage jedes kreativen Schaffens auf sensationelle Weise beantwortet: Wie umgehen mit den inneren Stimmen, der inneren Kritiker:in, Zweifler:in, Blockierer:in, Aufschieber:in? Einmal auf die Welt zu sch… bezieht sich weniger auf Arbeit, Geld, Familie und Soziale Medien als vielmehr auf die innere Vorstellung, allen möglichen und unmöglichen gesellschaftlichen und eigenen Vorgaben entsprechen zu müssen – mit dem eigenen Schaffen oder bevor es „erlaubt“ ist überhaupt zu schreiben, malen, zeichnen etc.
Sol Lewitts Brief beginnt so:
„Dear Eva,
it will be almost a month since you wrote to me and you have possibly forgotten your state of mind (I doubt it though). You seem the same as always, and being you, hate every minute of it. Don’t! Learn to say “Fuck You” to the world once in a while. You have every right to. Just stop thinking, worrying, looking over your shoulder, wondering, doubting, fearing, hurting, hoping for some easy way out, struggling, grasping, confusing, itchin, scratching, mumbling, bumbling, grumbling, humbling, stumbling, numbling, rumbling, gambling, tumbling, scumbling, scrambling, hitching, hatching, bitching, moaning, groaning, honing, boning, horse-shitting, hair-splitting, nit-picking, piss-trickling, nose sticking, ass-gouging, eyeball-poking, finger-pointing, alleyway-sneaking, long waiting, small stepping, evil-eyeing, back-scratching, searching, perching, besmirching, grinding, grinding, grinding away at yourself. Stop it and just DO!“
Schau dir den ganzen handschriftlichen Brief von Sol Lewitt an oder die geniale Lesung des britischen Schauspieler Benedict Cumberbatch auf Youtube!
Der Brief enthält viele wichtige Botschaften. Eine davon ist: Egal wie gut jemand ist, wie anerkannt, erfolgreich, blablabla… diese inneren Stimmen gibt es immer. Wenn wir darauf warten, dass sie verschwinden, dann heißt das, auf kreatives Tun zu verzichten. Zu schreiben ist immer ein Wagnis, auch gegen sich selbst. Also, finde deine Wege, diese Stimmen zu stoppen. Es gibt keinen einfachen Ausweg, no easy way out, wenn ich etwas Eigenes kreieren will, dann muss ich da durch. Ja, natürlich, in den Workshops des writers´studio zeigen wir viele Strategien, wie das Schreiben leichter wird, wie das Handwerk für den Schreibprozess, bestärkendes Sharing & Responding, inspirierende Community, Schreibtreffs- und Retreats. Aber dann kommt der Moment, an dem du dich (alleine) hinsetzen musst und (weiter) machen mit deinem Projekt. Auch, wenn es schwer ist.
Weiter unten im Brief schreibt Sol Lewitt an Eva Hesse, es könne sein, dass es ihr besser gehen würde, wenn sie das Zeichnen/Malen/Künstlerinsein und -werden hinter sich lassen würde, aber er glaube es nicht: “But if life would be easier for you if you stopped working – then stop. Don’t punish yourself. However, I think that it is so deeply engrained in you that it would be easier to DO!”
Also: Wenn du merkst, dass es dich unglücklich, unrund macht, wenn du nicht schreibst, ein Projekt nicht weiterführst, dann wird es notwendig sein, all diese Stimmen („the world“!) mal konsequent zu ignorieren, sich hinzusetzen und irgendwie zu beginnen. Es „einfach“ zu TUN. Wichtig: mit wenig Anspruch, um in Flow zu kommen. Denn Sol Lewitt schreibt weiter:
“Try to do some BAD work – the worst you can think of and see what happens but mainly relax and let everything go to hell – you are not responsible for the world – you are only responsible for your work – so DO IT. And don’t think that your work has to conform to any preconceived form, idea or flavor. It can be anything you want it to be.”
Nun ist gerade zu Weihnachten eine Zeit, in der die allermeisten keine Gelegenheit für Rückzug zum kreativen Schaffen haben. Während manch andere sehr viel Zeit haben, wenn alles geschlossen ist und sie nicht Weihnachten feiern, aus welchen Gründen auch immer. Deswegen haben wir immer mehrere Workshops in den Weihnachtsferien, Rückzugsräume, um ins TUN zu kommen gleich am Anfang des Jahres:
1. Ich freue mich sehr, wenn du noch in mein Mindwriting zum Jahreswechsel (2.-5. Januar in Wien und/oder per Zoom) kommst! Ein paar Plätze sind noch frei. Wir finden schreibend die Spur zu den Dingen, die dir wirklich wichtig sind im neuen Jahr, dann geht’s leichter. Hier ein neues kurzes Video dazu.
2. Ebenso eine lange Tradition hat das Life Writing–Seminar von Anna Ladurner in den Weihnachstferien. Heuer schon ausgebucht, aber ein Tipp für nächstes Jahr? (Weitere Termine unterm Jahr sind noch buchbar)
3. Am 6. Januar startet wieder Zona Rosa: Erotisches Schreiben für Frauen*“ mit Johanna Vedral, ein ganz besonderer Zoom-Workshop. In geschütztem, wohligem Rahmen schreiben wir Texte über weibliches Begehren – jenseits der Mainstream-Fantasien aus männlicher Sicht. Hier ein neues kurzes Video dazu.
4. Am 7. Jänner startet eine verkürzte Variante unseres Workshops Writers´Tricks, der dein Schreiben auf eine ganz neue Schiene bringt. Life changing und so wohltuend – auch für Menschen, die beruflich schon viel schreiben! Als Teil unserer neuen Serie Inky & the Brain buchbar oder auch einzeln. Go for it!
Ich werde mich in der Weihnachtswoche zum Schreiben zurückziehen, um in der stillen Zeit eine Megaparty mit den Figuren und Entdeckungen meines Buchprojekts zu machen…
Happy Festive Season – wie immer du sie gestaltest,
Judith
PS: Achtung: Am 25. Januar starten wir wegen großer Nachfrage eine 2. TIP-Gruppe: Ausbildung zur Schreibtrainer:in (Schreibkompetenz und Empowerment). Die letzte Möglichkeit Writers Tricks als Voraussetzung für diesen Lehrgang zu besuchen, ist am 7. Januar 2025!
*PPS: Mehr über die beiden Künstler:innen, ihre Beziehung und diesen Brief im sehr empfehlenswerten Blog von Maria Popova:www.themarginalian.org.
Hintergrundgeschichte auf gwarlingo.com.
Aktuell im writers’studio Verein
1. Restplätze für Workshops & Retreats
- Mindwriting zum Jahreswechsel – Wünsche, Ideen & Fokus für 2025 erschreiben, Start: 2. Januar
- Zona Rosa Erotic Writing – nur für Frauen*, Start: 8. Januar
- Kostenloser Themenworkshop: Young Freewriters, 1. März
2. Lehrgänge
- Passion Writing, Einstieg am 6. Dezember oder 18. Januar möglich
- Memoir Book: Einstieg am 6. Dezember oder 18. Januar möglich
3. Schreibtreffs
- Non-Fiction-Feedback-Gruppe – Im Motivations-Team zu fertigen Sachbüchern, Essays, Memoirs, Blog-Texten u.ä.: Do, 23. Jan
- NEU: Text Sharing Matinee – 1x im Monat am Sonntagvormittag > So, 11. Jan
- Write-in for members – Schreibtreff jeden 3. Donnerstag im Monat, nächster Termin: Do, 16. Jan
- NEU: Salon Margareten – jeden 2. Samstag im Monat > Sa, 11. Jan
- NEU: Feminist SchreibClub (feSC) für Absolventinnen, Start: 13. Feb
Aktuell im Institut für Schreibkompetenz
1. Restplätze
- Writers‘ Tricks – In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken.
Start: 7. Januar (Zoom) oder 18. Januar (Präsenz&Zoom) - Storytelling meets Wissenschaft (Workshop-Reihe Inky & the Brain), Start: 11. Februar
- Creative Ink Tank (Workshop-Reihe Inky & the Brain), Start: 4. März
2. Lehrgänge
- Schreibtrainer:in werden – Schreibkompetenz und Empowerment, Start: 25. Jan (Zoom-Gruppe)
- Spannendes Sachbuch schreiben!, Start: Januar 25
- Neu: Workshop-Reihe eue Workshop-Reihe für Wissenschaftler:innen und Expert:innen: Inky & the Brain – Komplexe Inhalte schreibend vermitteln, Start: 7. Jan