Liebe Schreibende!
dies ist weniger eine Weihnachstmail als eine Jahresmail, Rückblick, Vorausschau. Bericht und Vision.
“There′s no starting over
No new beginnings, time races on
And you’ve just gotta keep on keeping on.”
Dieses Lied, „My Silver Lining“ von First Aid Kid hörte ich in diesem Jahr immer und immer wieder. Ich hörte es Ende Januar als ich mit einem Leihauto die teilweise sehr steilen schnurgeraden Straßen durch die Mohave Desert und Joshua Tree Desert gefahren bin und dachte, irgendwas muss sich grundlegend ändern. Es gibt zwar keine kompletten Neustarts, wir sind immer schon auf einem Weg unterwegs, ein Weg, der hinter und vor uns liegt, aber es gibt diese neuen Richtungen: Fahr raus aus der Wüste und in einer Weile bist du am Meer. So ist es in Kalifornien. (Ach mein liebes, in diesem Jahr so geschundene Kalifornien – wild fires & ICE.. – ach, wie es mich immer inspiriert hat!)
Für mein Leben hat sich in diesem Jahr ein neuer Weg aufgetan, als ich in Kalifornien war und viel schrieb, wanderte und mit dem Auto durch die weite Landschaft fuhr. Wie in einem Roadmovie. Mit First Aid Kid auf voller Lautstärke. Plötzlich sah ich die Abzweigung, die mich ruft.
“I hear a voice calling
Calling out for me”
Und nun sitze ich seit Oktober mehrmals pro Woche im Aktsaal der Akademie der Bildenden Künste und kann es nicht glauben, dass es wahr ist. So ein Kunststudium ist genau das, was ich – teils insgeheim und teils unbewusst – immer schon wollte. Auch, wenn ich immer schon Kunst gemacht hab und von Kind an gemalt habe, eröffnet mir dieses Studium ein anders Selbstverständnis und andere Zugänge, die mich beflügeln.
Ganz verliebt bin ich in die Lehrveranstaltung „Experimentelles Zeichnen“ von Veronika Dirnhofer, in dem wir wie beim Aktzeichnen auch im Aktsaal sind, aber keine still und starr stehenden nackten Menschen skizzieren. Sie nennt es „Zeichnen ohne Geländer“ (nach Hannah Arendt Denken ohne Geländer) und es erinnert mich sehr an Freewriting und überhaupt die Zugänge zum freien Schreiben, die wir im writers´studio seit mehr als 2 Jahrzehnten praktizieren. Frei zu sein im Zeichnen heißt nicht nur – auch beim gegenständlichen bzw. figurativen Zeichen – den strengen Realismus loszulassen, sondern vor allem im eigenen Körper und Kopf frei zu werden. Wir gehen durch den Raum, rennen und gehen langsam, nehmen die anderen bewusst wahr, die Nähe, die Körperlichkeit, die Gemeinsamkeit. Kunst braucht ebenso Beziehung, Community wie Schreiben! Und diese Erlaubnis, dass es gut ist, was kommt, dass auch gut ist, was „falsch“ ist, roh, unfertig, ein Versuch, ein Irrweg. Wir arbeiten mit dem Zu-Fall und tauschen unsere Blätter mittendrin. „Zeichnung als Denkraum, als Experimentierfeld, als Kooperation. Zeichnung als Stimme.“
Ich zeichne mit dem Pinsel, mit Tusche, die Blätter werden immer größer, das Pferdeskelett inspiriert mich ebenso wie die zwei Frauen, die eine Performance inmitten von uns improvisieren, während wir zeichnen. Diese Woche hat ein Studienkollege aus Spanien sich auf den Boden gelegt, weil er müde war, dann ein Blatt Papier auf sein Gesicht gelegt und versucht mit einem Filzstift darauf zu zeichnen. Ich musste lachen und ich musste fast weinen, als ich beinah in das Pferdeskelett hineinkroch, um es von innen zu zeichnen, und so intensiv wie nie zuvor meine Großtante Maria spürte, deren Geschichte unaussprechlich ist. Das ist Zeichnen ohne Geländer.
Schreiben ohne Geländer tun wir auch in meinem Workshop „Mindwriting zu Jahreswechsel“! von 3. bis 6. Januar 2026 per Zoom: Es ist wie eine Fahrt durch eine wunderschöne, teilweise unwegsame Wüstenlandschaft, steil bergab, steil bergauf, und plötzlich, wird eine Abzweigung sichtbar, die du bisher übersehen hast. Und du kannst beginnen, dein Leben dort hinzudenken, wo Musik und Lachen sind:
“I don´t wanna wait anymore
I am tired of looking for answers
Take me some place where there is music and laughter.”
Ja, wir fahren in diesem legendären Workshop, den ich jedes Jahr Anfang Januar halte, schreibend nochmal kurz die Wege des vergangenen Jahres ab und dann schreiben wir uns in die Zukunft: Hellsichtig, inspiriert und gemeinsam. Zwischen dem selbsterforschenden und -erfindenden Schreiben nur für die eigenen Augen arbeiten wir mit kleinen Körper- und Atemübungen, spielerischem Schabernack und visuellen Experimenten – und dann hören wir sie die innere Stimme, die Intuition, laden den Zu-Fall ein, wecken den eigenen „accidental genius“ (Mark Levy).
Ich freue mich schon darauf!
“Try not to hold on to what is gone, try to keep on keeping on… “ – in diesem Sinne wünsche ich euch angenehme Feiertage und einen starken Start ins neue Schreibjahr!
Judith Silver Lining
PS: Wie jedes Jahr findet auch heuer wieder unser wunderbarer Life Writing- Workshop mit Anna Ladurner in den Weihnachtsferien statt (von 3. bis 6. Januar 2026): ein zartes sich Herantasten an Erinnerungen, Geschichten, Text-Miniaturen. Auch als möglicher Einstieg in den Memoir Lehrgang* oder ins Passion Writing. Per Zoom: das writers´ studio ist dort, wo du bist und schreiben willst.
* Nur mehr wenige Plätze frei im Lehrgang Memoir Book!
Bilder: Judith Wolfsberger
Zur Zeit finden unsere Workshops und Lehrgänge vorwiegend per Zoom statt.
Aktuell im writers’studio Verein
1. Workshops & Retreats
- Life Writing – Schreibend erinnern. Start: 3. Jan
- Short Story – Einführung in das literarische Kunsthandwerk. Start: 21. Jan
- Short Story – Einführung in das literarische Kunsthandwerk. Start: 11. Feb
- Life Writing – Schreibend erinnern. Start: 21. März
- Short Story – Einführung in das literarische Kunsthandwerk. Start: 15. Apr
- Life Writing – Schreibend erinnern. Start: 7. Mai
- Autofiktion – Literarische Versuche zwichen Erlebtem und Erfundenem. Start: 30. Mai
- Literarische Spielräume – Perspektive, Sprache & Ton. Start: 2. Juli
- Life Writing – Schreibend erinnern. Start: 27. Aug
- Short Story – Einführung in das literarische Kunsthandwerk. Start: 23. Sep
- Lust und Schmerz – Gefühle von Figuren beschreiben. Start: 26. Sep
2. Lehrgänge
- Lehrgang Passion Writing – in Kunst, Handwerk & Community des literarischen & autofiktionalen Schreibens eintauchen, Start: Jan (nach Writers Tricks)
- Lehrgang Memoir Book – Aus ausgewählten Erfahrungen & Erkenntnissen ein literarisch spannendes Buchprojekt entwickeln, Start: Jan (nach Writers Tricks)
3. Kostenlose Zoom-Infotermine
- Für Beratung zum Lehrgang Passion Writing oder Memoir Book II wende dich einfach direkt ans Büro!
4. Schreibtreffs
- Salon Margareten – jeden 2. Samstag des Monats > Sa, 10. Januar im Gretl in 1050 Wien.(Kostenfrei)
- Sunday Morning Write-Ins – Schreibtreff jeden 3. Sonntag im Monat, nächster Termin: So, 18. Januar
Aktuell im Institut für Schreibkompetenz
Achtung: für diese Angebote sind Weiterbildungsförderungen möglich!
1. Workshops
- Magic Mindwriting zum Jahreswechsel. Start: 3. Jan
- Künstliche Intelligenz sinnvoll für den Schreibprozess nutzen (Inky&TheBrain). Start: 8. Jan
- Künstliche Intelligenz sinnvoll für den Schreibprozess nutzen (Inky&TheBrain). Start: 17. Feb
- Writers‘ Tricks – In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken. Start: 20. Feb
- Writers‘ Tricks – In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken. Start: 18. März
- Storytelling meets Wissenschaft (Inky&TheBrain). Start: 19. März
- Travel Writing – das Reisen und das Schreiben. Start: 21. März
- Creative Inky Tank (Inky&TheBrain). Start: 14. April
- Our Voices – Our Stories (Inky&TheBrain). Start: 29. April
- Starke Essays, Kommentare und Meinungstexte. Start: 2. Juni
- Writers‘ Tricks – In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken. Start: 9. Juni
- Writers‘ Tricks – In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken. Start: 2. Sep
- Gezielt schreiben mit KI- für Fortgeschrittene (Inky&TheBrain). Start: 15. Sep
- Writers‘ Tricks – In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken. Start: 25. Sep
2. Lehrgänge
- Inky & the Brain – Ideenfindung & Schreibkompetenz Zoom Workshop-Reihe für schlaue Köpfe für Denker:innen, Expert:innen, Aktivist:innen & Wissenschafter:innen ab Januar 26
- Schlaue Bücher spannend schreiben! Von der Idee zum publizierten Ratgeber / Know-how-Buch / Lieblingsbuch deiner Zielleser:innen. Start: 24. Apr (nach Writers Tricks)
3. Kostenlose Zoom-Infotermine des Instituts
- Infoabend zur Workshop-Reihe Inky & the Brain – Ideenfindung & Schreibkompetenz: 27. Jan
- Infoabend zum Lehrgang Schlaue Bücher spannend schreiben!: 9. Jan, 13. Feb und 6. März
Coole Kurzvideos zu unseren Seminaren & Lehrgängen
Life Writing (Insta / FB / Youtube)
Literarische Spielräume (Insta / FB / Youtube)
Magic Mindwriting (Insta / FB / Youtube)
Short Story (Insta / FB / Youtube)
Starke Essays, Blog- und Meinungstexte (Insta / FB)
Storytelling meets Wissenschaft (Insta / FB / Youtube)
Writers Retreat in Venedig 2025 (Insta / FB / Youtube)
Writers‘ Tricks (Insta / FB / Youtube)
Evi Hammani-Freisleben über Writers‘ Tricks (Insta / FB / Youtube)
Lehrgang Passion Writing (Insta / FB / Youtube)
Lehrgang Memoir Book: über den Memoir Schreibprozess (Insta / FB / Youtube)
Lehrgang Memoir Book: über den Lehrgang (Insta / FB / Youtube)
Lehrgang Schreibtrainer:in werden (Insta / FB / Youtube)
Seminarreihe Inky & the Brain (Insta / FB / Youtube)
Sharing & Responding – eine der großartigsten Ressourcen im Schreibprozess (Insta / FB / Youtube)
Sharing & Responding – wie bestärkendes Text-Feedback wirkt (Insta / FB / Youtube)
„Mit der Gruppe im fantastischen Palazzo zu sein und Venedigs Kanäle halfen mir dabei, in den Schreibfluss zu kommen, Sorgen wegrinnen zu lassen, Blockaden aufzuweichen“, schrieb mir eine Teilnehmerin am Ende unseres Writing Retreats in Venedig, letztes Wochenende. Nun – zurück in Wien – habe ich noch die wunderbaren Text-Stimmen und Geschichten im Ohr, die wir bei den Vorleserunden jeden Abend im herrlich-bequemen Salon unseres Palazzos hören durften. Das Venedig Retreat ist auch eine Metapher dafür, worum es in unserem wunderbaren
In der letzten Stunde des diesjährigen Venedig-Retreats hörten wir
mein liebstes magisches Gerät aus der Harry Potter-Welt war immer der Zauberstab von Miss Weasley, mit dem sie im Nu das Haus aufräumen, den Tisch decken und ein Essen für viele servieren kann. Lustig fand ich die Flotte-Schreib-Feder der Journalistin Rita Kimmkorn. Eine Feder, die von selbst Artikel schreibt, Aussagen von Menschen im Raum registriert und verarbeitet. Die Artikel von Rita Kimmkorn erscheinen im Tagespropheten, einer ziemlich bösartige Boulevard-Zeitung, die Harry Potter exponiert. Die Flotte-Schreib-Feder (im englischen Original „Quick-Quotes Quill“) erfindet gehörig viel dazu, verdreht Tatsachen etc. Damals, als ich meinem Sohn Harry Potter vorlas, sah ich Rita Kimmkorn als Karikatur für Boulevard-Journalismus. Heute denke ich, die Flotte Feder ist eine Vorwegnahme von KI. Nun gibt es also das selbstschreibende magische Tool für alle, das auch ganz schön viel Blödsinn erfindet.
Heutzutage, in Zeiten von KI braucht es beides, noch mehr authentische Schreibkompetenz (jetzt erst recht!) und andererseits Wissen über KI – was sie kann und was nicht. Deshalb freuen wir uns, dass unser Workshop Writers´ Tricks, nach über 20 Jahren immer noch läuft. Zusätzlich bieten wir nun sehr kluge und differenzierte Workshops zu
Die Flotte-Schreib-Feder, die von selbst schreibt, ist aber nicht nur ein fiktives Zaubergerät und ein weit verbreitetes Wunschbild, sie ist auch eine Versinnbildlichung für Flow. Kennt ihr das, wenn es sich „wie von selbst schreibt“, wenn es fließt, Ideen und Worte hervorpurzeln, aufs Papier oder in den Computer hinein und ihr erstaunt seid, was da alles entsteht?
kennt Ihr Amelie Nothomb? Ich habe von kaum einer Autorin so viel gelesen! Seit Jahrzehnten. Die belgische Autorin, geb. 1967, publiziert circa 1 x pro Jahr einen kurzen Roman, meist maximal 130 Seiten. Die Bücher lesen sich im Nu, sind frisch, frech und frei. Viele ihrer Romane sind stark autobiographisch geprägt, manche gar nicht. In der langen Serie der Bücher von Amelie Nothomb gab es immer wieder echte Überraschungen. So nun auch ihr letztes, soeben erschienenes Buch, „Psychopompos“. Wow!
In „Psychopompos“ beschreibt Amelie Nothomb ihre Faszination für Vögel seit Kindheitstagen, das Gezwitscher, die Gesänge, das Gefieder anders in jedem Land, in dem sie als Diplomatenkind lebte. Das Buch ist ein Schnelldurchgang durch ihr Leben anhand der Vögel, die jeweils eine Rolle spielten. Um dann ihren Absturz zu beschreiben, als Jugendliche in Bangladesch, als sie vergewaltigt wurde. Danach verbrachte sie viele Jahre stumm, magersüchtig, dissoziiert und begann mit etwa 20 Jahren – zurück in Japan! – zu schreiben. Diesen Rausch, diese Erleichterung, dieses Zu-sich-kommen beim Scheiben empfindet sie wie einen Flug, sich selbst als Vogel. Das tägliche Schreiben jeden Tag in der Früh ermöglichte ihr Überleben. Schreiben sei, meint sie, wie ein Vogel, der aus der Höhe steil in die Tiefe stürzt und dann kurz vor einem Aufprall wendet und nach oben schießt. Welch eine schöne Gestalt einer „Inneren Schreiber:in“ – wie ich es in meinem Artikel „
Das writers´studio war eines der ersten Institute im deutschsprachigen Raum, dass sich diesem Genre mit Herz und Hirn angenommen hat und das Memoir als Kunstform im Sinne des angloamerikanischen Zugangs aus der Schmuddelecke geholt hat. In unseren Workshops entstehen so wichtige, berührende, gut lesbare Werke! Also, kommt in unseren
Eine Leidenschaft ist etwas, das du mit Begeisterung tust und immer wieder. Immer wieder komme ich in meinem Leben zum Malen, Schreiben, Reisen. Ein Ort, an den ich seit Jahrzehnten reise, ist Venedig. Und zwar im Winter! Oder Spätherbst! Als Studentin in den 90er-Jahren habe ich den täglichen (und günstigen) Nachtzug vom Wiener Südbahnhof nach Venezia Santa Lucia direkt am Canal Grande entdeckt und oft genutzt.
Immer hat es mich inspiriert und verzaubert mit seiner unfassbaren Schönheit, dem Geheimnis seiner verwinkelten Gassen und dem mystischen Herbstnebel in den Kanälen. Wahr ist auch, dass
Im Februar dieses Jahres, in jenen Tagen, als ich in der kalifornischen Wüste neue Ideen entwickelte, wie es mit dem writers´studio und meinem Schreiben und Lehren weitergeht, ist, so habe ich jetzt erst erfahren, einer meiner größten und wichtigste Lehrer verstorben. Peter Elbow war 89 und starb „surrounded by laughter, stories and love“, wie es im „obiturary“ heißt. Peter Elbow lebt weiter durch seine Bücher, seinen Freewriting-Ansatz, sein Vorbild, seine Inspiration, in tausenden und abertausenden Köpfen und Herzen von Lehrenden und Schreibenden.
Ich habe vor über 20 Jahren Peter Elbows Bücher, v.a. „Writing without Teachers“, „Writing with Power“ und „A Community of Wrtiters/ Being a Writer“ verschlungen, inhaliert, transformiert und mehr als jeden anderen Ansatz zur Basis des writers´studios und meinen Seminaren gemacht:
Feiern wir Peter Elbows Freewriting-Ansatz: Schreibt mit uns beim
Im Juni 2008 durfte ich Peter Elbow persönlich kennenlernen. Ausgerechnet in meinem geliebten Schottland. Er leitete als Auftakt einer Schreib-Konferenz gemeinsam mit Rowena Murray ein Writing Retreat direkt am wunderschönen dunklen See, Loch Lomond. Da stand er, der weise, alte (damals 73-jährige), großgewachsene Mann und strahlte so viel Lebensfreude und Wohlwollen aus. Nie vergesse ich, wie er die Vorstellrunde des Retreats, an dem vorwiegend britische Lehrende im Bereich akademisches Schreiben teilnahmen, so anleitete: „Sag uns nicht, was du alles geleistet hast, was du alles bist. Erzähl uns von einer Sache, die du gerade lernst. Ich zum Beispiel lerne gerade in einem Laien-Barockorchester Violine zu spielen. Es ist so schwer und macht mir gleichzeitig so viel Freude.“ Später sagte er: „Macht nun einen Plan für den Schreibtag, aber seid offen dafür, dass ihr womöglich etwas völlig anderes schreiben werdet.“ So war es dann auch bei mir. Peter Elbow und die Kolleg:innen im Raum, der Blick aus dem Fenster auf die dramatischen, schottischen Berge und den dunklen See, ließen mich eine lange, lange Ballade über mein damaliges Lebensdrama schreiben.
Nach dem Retreat am Loch Lomond war Peter Elbow auf der Konferenz in Glasgow für den letzten Tag als Superstar-Keynote-Speaker eingeplant. Dieser Zeitplan gefiel ihm nicht, so hielt er die erste Hälfte seiner Keynote schon am ersten Tag und sagte: „Ich will doch während der Konferenz mit euch über meine neuen Thesen reden. Bitte kommt in den Pausen zu mir und sagt mir, was ihr darüber denkt.“ Und dann hielt er in diesem großen, vollen Hörsaal der Universität Glasgow frei und ganz ohne PowerPoint eine lockere Rede über seinen neuesten Forschungen zu Umgangssprache und Schreiben. Ich sehe ihn noch vor mir, wie er sich einfach auf den vordersten Tisch setzte und hunderte Menschen mit seinen Worten fesselte. Der Freewriting-Papa war auch ein großartiger Freisprecher.
Freewriting ist das Herz des writers´studio. Vor vielen Jahren habe ich in einem Kunst-Lehrgang einen Siebdruck gemacht, den viele von euch kennen, weil er später zu unserem Emblem wurde. Das Wort „Free Writer“ steht in Jugendstilschrift über einer Möwe, die über die New Yorker Verezano Bridge schwebt. Nun, nach unserem Auszug aus der Wienzeile, bei dem wir viele Sachen weggeben mussten, möchte ich zwei der gerahmten Originale dieses Siebdrucks (in Gold und Dunkelblau) verkaufen. Melde dich, wenn du Interesse hast.
**Wie passend, dass wir in unserem ersten
Ich lese, lese, lese. Ich lese – also bin ich. Lebe. Denke. Verstehe. Empfinde. Ich lese viel. Verschlinge Bücher, eines nach dem anderen. Falle genussvoll in andere Welten, Zeiten, Perspektiven. Kann dabei komplett aus aktuellen Unklarheiten der Welt und meines Lebens aussteigen, loslassen und anderswo einsteigen. Wann ich lese? In Zügen, in der Mittagspause, vor dem Einschlafen abends, jeden Tag. Ich lese auch regelmäßig den „New Yorker“, diese phänomenale und umfangreichen Wochenzeitschrift, die gerade hundertjähriges Bestehen feiert: sehr lange Artikel über Kunst, Kultur, Gesellschaft. Zusätzlich lese ich Bücher, eines nach dem anderen. Ich bin also Kettenleserin.
Vor 2 Jahren begann einer meiner Briefe übers Schreiben an euch mit „Ich liebe ChatGPT“ (weil es neue Schreibdidaktik in den Schulen bringen wird. Dazu mehr ein andermal). Nun schreibe ich euch: Ich liebe den Sommer in der Stadt. In den Städten! Zum Schreiben! Ja, ich weiß, manche denken da an Flucht, raus in den Wald, an den Strand etc. Ich hingegen fahre im Sommer in Großstädte, um an meinem Buchprojekt weiterzuarbeiten und veranstalte für mich und andere ein Retreat mitten im wunderbar entspannten und vielfältigen Sommer-Wien am Schreibfluss.
Letzten Sommer war ich 2 Wochen in New York, schrieb an Vormittagen in meiner allerliebsten Bibliothek, in der erhabenen
das sind die Tage der Transformation. Wir werden Schreibplätze ändern. Aber Schreibtische zu wechseln, ist durchaus eine altbewährte Strategie großer Autor:innen.
Ich habe auch einige Schreibtische: in meiner Wohnung und
was Textprojekte am stärksten vorantreibt, ist unserer Erfahrung nach: sich gemeinsam mit anderen für einige Tage an einem schönen Ort zum Schreiben und Feedbacken zurückzuziehen. Das gibt Struktur, Zeitplan, Community und ermöglicht, den Alltag für eine Weile hinten anzustellen. Vor allem aber macht es Freude. Und was tut dem Schreiben besser als, wenn es Spaß macht? Anders gesagt: was stört das Schreiben mehr als Angst (vor Noten, Kritik etc.) oder Einsamkeit (Genie allein zu Haus)? Über die Jahrzehnte, wie ich nun schon sagen kann, habe ich erlebt, wie freudvolle Retreats mich und andere in Flow bringen und viele, viele, viele Seiten hervorbringen.
Hier also
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