Brief 127: Inky & the Brain gegen die Banalität des Bösen

Liebe Schreibende,

schwierige Zeiten sind das. Was Amerika betrifft, schwanke ich zwischen: vor Schock die Decke über den Kopf ziehen und ungeduldigem Warten auf komplexe Antworten und Strategien. Immer ist mir mein Abo der Wochenzeitschrift The New Yorker dabei eine Hilfe. In der Ausgabe vom 18. November gibt es eine „Reprise“ zu Trump mit sehr unterschiedlichen, überraschenden und frischen Texten, keine typischen Schnellanalysen, eher essayistische oder wissenschaftliche Annäherungen an ein schmerzhaftes Fiasko. Timothy Snyder, der Trump einen „American Fascist“ nennt, schreibt, ein Liberaler müsse hundert, vielleicht tausend Geschichten erzählen. Ein Kommunist hat nur eine einzige Geschichte, die auf ein gedachtes Ziel hinausläuft. Ein Faschist muss ein Geschichtenerzähler sein, aber seine Geschichten müssen sich auf nichts Reales beziehen und nicht konsistent sein. „A fascist storyteller just has to find the pulse and hold it.“
Wir liberale, demokratischen Menschen sind hingegen, so Snyder, konfrontiert mit der großen Komplexität der Geschichte und der Gegenwart, wir ringen mit der überwältigenden Anzahl an Fragen, die zu stellen und mit Antworten, die zu finden sind.

Ja, wir müssen, wollen, sollen hundert oder tausend Geschichten schreiben. Komplexe Themen und Fachwissen gut verständlich und ohne an Tiefe zu verlieren, schriftlich zu formulieren, ist zutiefst demokratisch, sagt Irene Steindl im nachfolgenden Gespräch über unsere neue Workshop-Serie „Inky & the Brain: Komplexe Inhalte schreibend vermitteln“. Ob wir Wissenschafter:innen sind, Fachreferent:innen oder Expert:innen jeder Art, solche Schreib- und Kommunikationsstrategien brauchen wir jetzt ganz dringend!
Hier ein kurzer Film zu Inky & the Brain.

Irene Steindl, Journalistin und Schreibtrainerin, hält seit vielen Jahren Writers‘ Tricks und nun auch einige Workshops in unserer „Inky & The Brain“-Reihe (einzeln buchbare Zoom-Workshops ab Januar 2025).

Judith: Irene, welche Erfahrung hast du mit Menschen mit viel Knowhow, Fachwissen, wissenschaftlichem Hintergrund, die gerne leicht verständliche, spannende Texte schreiben wollen, aber nicht so recht wissen, wie?

Irene Steindl: Ich arbeite gerne mit Wissenschaftler:innen und Fachexpert:innen, weil sie jede Menge spannendes Wissen mitbringen. Manchmal gelingt es nur schwer, dieses Wissen verständlich einem breiten Publikum zu vermitteln. Das kann ich ihnen nicht verdenken: Wer sich tagein, tagaus in einer bestimmten Sprache und Gedankenwelt bewegt, nimmt sein Wissen für selbstverständlich. Außerhalb der Fachwelt brauchen wir jedoch eine andere Sprache, eine konkrete und lebendige.
Manche befürchten, dann „banal“ zu wirken und an Fachlichkeit einzubüßen. Diese Angst teile ich nicht. Verständlich bedeutet nicht banal. Es bedeutet: Ich kann mein Fachwissen zugänglich machen, ohne an Tiefe zu verlieren. Das ist doch zutiefst demokratisch. Es geht darum, klare Aussagen zu finden, konkret und beispielhaft zu formulieren, sich der Zielgrupppe und ihrer Bedürfnisse bewusst zu werden. Letztlich geht es um Schreibkompetenz: Was will ich vermitteln und wie gelingt mir das am besten?

Judith: Du hältst eine verkürzte Variante von Writers Tricks in Inky & the Brain. Was kann eine Teilnehmer:in danach besser, anders als zuvor?

Irene: Writers‘ Tricks ist der Anfang, um Schreiben neu zu entdecken. Ich erinnere mich gern an meinen eigenen Writers‘ Tricks-Besuch vor vielen Jahren. Es hat so viel verändert, obwohl ich damals schon Journalistin war: wie ich zu Ideen komme, wie ich mein Schreiben plane, dass ich mir selbst erlaube „Shitty First Drafts“, also miserable Erstentwürfe, zu schreiben, um sie dann zu überarbeiten. Vor allem aber: Mit welcher Haltung ich meinem Schreiben und mir als Autorin begegne. Writers‘ Tricks weckt die Schreiblust und vermittelt zugleich ganz viel Schreibkompetenz. Konkret wird es im Kompaktkurs darum gehen: Wie komme ich überhaupt ins Schreiben, wie kann ich meinen Schreibprozess optimal gestalten, wie komme ich zu Rohtexten und wie schleife ich sie zu Diamanten? Und wir geben bestärkendes Textfeedback nach der Methode Sharing & Responding*. Das ist das Highlight am letzten Tag, für die Teilnehmenden aber auch für mich als Trainerin – zu sehen, was im Kurs entstanden ist und das zu teilen. Wie immer im writers´studio teilt nur, wer mag.

Judith: Schon in Writers Tricks geht es um Storytelling (wie finde ich einen roten Faden, eine Geschichte, eine lockere Sprache?). Was kommt dann in deinem Storytelling-Workshop, der auch als Intro ins Journalistische Schreiben gedacht ist, noch dazu?

Irene: Im Storytelling-Workshop geht es konkret darum, was eine gute Geschichte ausmacht und wie ich Fakten in Geschichten verpacken kann. Geschichten sind Schuhlöffel, damit Inhalte verständlich transportiert werden können. Und mehr noch: damit Inhalte in Erinnerung bleiben, greifbar werden. Das ist gerade für Fachtexte und wissenschaftliche Texte extrem wichtig. Ich will mein Wissen ja in die Welt tragen. Der Storytelling-Workshop ist eine Art Trickkiste – wir schauen uns an, was wir für unsere Texte vom Film lernen können, wie wir Spannung und Dramaturgie reinbringen, wie wir einen Plot entwickeln. Wir fragen uns: Welche Botschaft will ich vermitteln? Welche Geschichte lässt sich erzählen? Wie erzähle ich sie?

Judith: Du hältst auch einen Workshop zu Schreiben mit KI. Ist KI böse und nur das wovor die Lehrer:innen einen Horror haben, weil die Kids nun nichts mehr selbst schreiben? Welche Tools gibt es, die einer Person, die selbst schreiben will oder muss, helfen können?

Irene: KI wird bleiben – deshalb ist es wichtig, einen reflektierten Zugang dazu zu finden. Ich selbst beschäftigte mich intensiv zu den Themen KI und Schreiben und KI in der Erwachsenbildung. Dabei arbeite ich viel mit Tools wie ChatGPT, Perplexity oder Claude und erstelle eigene Chatbots, die gezielt auf meine Bedürfnisse abgestimmt sind. Für mich ist KI beim Schreiben wie eine gute Sparringpartnerin – ein Tool, das Inspiration bietet, beim Strukturieren hilft und Ideen gibt, auf die ich alleine nicht sofort gekommen wäre. Aber gerade, weil ich das Potenzial kenne, sehe ich auch die Grenzen und Gefahren. Manche gehen mir zu euphorisch und unkritisch an KI heran, andere zu ängstlich. Im Workshop geht es darum, einen nüchternen, fundierten Umgang zu finden: Was kann KI wirklich leisten? Wo liegen die Stärken und Risiken, und wie kann ich mir das Tool als Schreibende:r ganz praktisch zunutze machen, so wie es zu mir passt? Mein Ansatz ist: ausprobieren, einordnen und dann bewusst entscheiden, ob und wann man ein Tool nutzen will. Für Schreibende gibt es viele hilfreiche Anwendungen – ob zur Ideenfindung, zum Strukturieren, zum Abbau von Schreibblockaden oder zur Verbesserung von Texten. KI kann eine echte Entlastung sein, aber ich sehe sie immer als Co-Pilotin. Am Ende gehört der Text den Schreibenden, denn sie bringen die Seele ins Schreiben – das übernimmt keine Maschine.

Judith: Für wen aller sind die Inky & the Brain -Workshops gedacht?

Irene: Inky & Brain richtet sich an Fachexpert:innen aller Art, Menschen aus der Wissenschaft und alle, die im wissenschaftlichen Kontext arbeiten und spüren, dass ihre Botschaften zu verkopft klingen. Unser Motto lautet: Lasst uns gemeinsam Wissen in die Welt tragen!

Judith:  Ja, genau, das wollen wir! Danke, liebe Irene.
Kommt zum Inky & the Brain-Infoabend am Di, 10. Dezember 2024 um 18 Uhr (Zoom), Irene und ich freuen uns auf euch.

Bleiben wir komplex, schreiben wir dabei verständlich!
Judith

PS: Auch in meinem Lehrgang „Spannendes Sachbuch schreiben“ geht es darum, wie komplexe Themen, Erfahrungen und Knowhow für Zielleser:innen gut verständlich, erfrischend und fokussiert dargestellt werden können. Achtung, Infoabend dazu ist schon am Di, 3. Dezember 2024 17 Uhr (Zoom).

*PPS: Die Methode „Sharing & Responding“ wird in all unseren Workshops angewendet. Oder du kommst zum neuen Schreibtreff „Text-Sharing Matinee – Bestärkendes Feedback & kollaborative Textarbeit“: hier teilst du Textentwürfe mit wohlwollenden Erstleser:innen und lernst, Sharing & Responding achtsam und zeiteffizient zu moderieren. Nächster Termin: So, 22. Dezember 2024.

 

Aktuell im Institut für Schreibkompetenz

1. Restplätze

  • Writers‘ Tricks – In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken.
    Start: 6. Dezember (Präsenz&Zoom) oder 18. Januar (Präsenz&Zoom)

2. Lehrgänge

3. Kostenlose Zoom-Infotermine

  • zum Lehrgang Schreibtrainer:in werden (TIP): Mi, 18. Dez (18 Uhr)
  • zum Lehrgang Spannendes Sachbuch schreiben: Di, 3. Dez 24 (jeweils 17 Uhr)
  • zur Workshop-Reihe Inky & the Brain: Di, 10, Dez (jeweils 18 Uhr)

Anmeldung für die Infoabende bitte per Mail: infoabend@writersstudio.at

Aktuell im writers’studio Verein

1. Restplätze für Workshops & Retreats

2. Lehrgänge

  • Passion Writing – Eintauchen in Kunst, Handwerk & Community des literarischen, autofiktionalen & feministischen Schreibens, Einstieg am 6. Dezember oder 18. Januar möglich
  • Memoir Book – Aus ausgewählten Erfahrungen & Erkenntnissen ein literarisch spannendes Buchprojekt entwickeln, Einstieg am 6. Dezember oder 18. Januar möglich

3. Schreibtreffs

Fotorechte: Foto vom Coverbild des New Yorker & Video-Still (Judith Wolfsberger), Portrait (Irene Steindl)

Brief 125: Unser Text-Sharing nun auf Video! Gutes für die Schreibseele im Passion Writing Lehrgang

Liebe Schreibende,

  Was macht das writers´studio anders? Was unterscheidet unsere Art, Schreiben zu fördern, von vielen anderen Anbietern?  So manche Teilnehmer:innen, die zuvor in diversen literarischen Schmieden im deutschsprachigen Raum ihr Glück versucht haben, erzählen uns, wie erleichtert sie sind, sich im writers´studio endlich mal nicht vor kränkender Kritik wappnen zu müssen. Oft höre ich Sätze wie: „Eure Art, mit Texten der Teilnehmer:innen umzugehen, Feedback zu geben, tut so unendlich gut. Da finde ich (wieder) Freude und Mut, um weiterzuschreiben.“

Im deutschsprachigen Raum wird oft etwas „Feedback“ genannt, was eigentlich Holzhammerkritik ist. Um uns davon zu unterscheiden, haben wir nun lange vom „Friendly Feedback“ gesprochen. Unsere radikal stärkenorientierte Art, auf Texte, die im Entstehen sind, zu „antworten“ kommt, wie all unsere Methoden, aus dem angloamerikanischen Raum. Peter Elbow und Pat Belanoff nennen es „Sharing & Responding“.  Dies tut allen Texten und allen Schreibennde weiterlesen →

Brief 124: Kommt zum neuen Salon Margareten! – Premiere!

Liebe Schreibende,

Uiuiui… was, wenn H. Kickl (HK) österreichischer Bundeskanzler wird und Kamala Harris (KH) amerikanische Präsidentin? Dann wandere ich aus. Setz mich wie in diesem Sommer in die New York Public Library und schreibe mein Buch fertig. Ich träume mich gerade dorthin zurück. Morgenkaffee im absolut wunderbaren Bryant Park, an dessen Rand das stolze Gebäude der Hauptbibliothek steht, dann rauf in den ehrenvollen Lesesaal mit hohen Decken, alten Leselampen, breiten Holzsesseln mit Blick auf Midtown Manhattan und los gehts.

Ich fühlte mich so sehr als Autorin und Historikerin diesen Sommer in New York, schreibend, recherchierend, Fachgespräche führend. Jeden Tag der gleiche kreative Rhythmus, morgens in den geliebten Lese- & Schreibsaal, zurück nach Brooklyn zur Siesta in das Brownstone-Häuschen einer Bekannten, Nachmittagstee im wuchernden Garten, abends Kulturprogramm mit Lindy Hop, Jazz, Buchhandlungen oder nochmals in den Bryant Park zum Yoga! Stellt euch vor, da praktizieren im Sommer jeden Mittwoch an die 1.000 Leute gemeinsam Yoga, umgeben von der New Yorker Midtown Kulisse, angeleitet von einer großartigen Lehrerin auf einer Bühne! Sehr, sehr cool.

Wie Bücher fertig werden, darum geht es beim weiterlesen →

Brief 123: YES, AND… in NY & Open House in Wien UND per Zoom (Sa, 21. September)

Liebe Schreibende,

ich bin noch ein bisschen in der Jetlag-Wolke. Der Vorteil daran ist, dass ich länger Zeit habe, New York Revue passieren zu lassen. Ich könnte viele Blog-Mails mit meinen Erfahrungen in diesen zweieinhalb Wochen dort füllen, so schräg, so cool, so kreativ waren sie.* Aber jetzt möchte ich euch mal schnell UND herzlich zu unserem Open House einladen, am Samstag, 21. September von 9 bis 19 Uhr.

Du kannst per Zoom teilnehmen. Oder bei Kaffee und Keksen in unsere umgestalteten, wunderbaren Räumen in Wien 5 zum Schreiben kommen. Einfach vorbei kommen in unserem Schreibschloss am Wienfluss! Diesmal bieten wir einen kleinen (veganen) Mittagssnack UND einen abendlichen Abschluss-Drink an. Das Programm findest du online. Anmelden brauchst du dich nur für den Zoom-Link.

Wir präsentieren aus jedem unserer Lehrgänge einen kostenlosen Schnupper-Workshop:

•    Spannendes Sachbuch schreiben UND
•    Inky & the Brain: Komplexe Inhalte schreibend vermitteln – UND weiterlesen →

Brief 122: Die neuen, großen Erzählerinnen sind da! Lesen statt Reisen?

Liebe Schreibende,

wer liest noch im Sommer am Strand? Bei dieser Hitze am Mittelmeer? Alternative: Zu Hause lesen statt reisen? Ich jedenfalls bin in den letzten Wochen in einen Roman hineingefallen wie in ein erfrischendes Meer und bin mit der Autorin viele, viele, viele Stunden mitgeschwommen. Voller Freude, wie sie mir die Welt erzählt, mein Herz und Hirn öffnet und durchspült. Ich bin im endlosen Staunen darüber, wie diese junge Autorin es geschafft hat, mich über sage und schreibe 1275 (!) Seiten, teils bis spät in die Nacht hinein, in ihrer großen, weiten Erzählung zu halten.
In der kleinen, kleinen, feinen Münchner Buchhandlung „Buchpalast“ wurde mir Nino Haratischwilis vielfach preisgekrönter und bereits in mehreren Übersetzungen vorliegender großer Roman „Das achte Leben (für Brilka)“ empfohlen. Mir scheint, in Deutschland ist die deutsch-georgische 41-jährige Autorin bereits mehr Lesenden bekannt als in Österreich. Seit Tagen empfehle ich weiterlesen →

Brief 121: Roter Kult-Schreibtisch abzugeben

Liebe Schreibende,

heute melde ich mich nur kurz, schnaufend aus dem Planungs- und Umzugsmarathon. Umzug? Nein, wir ziehen nicht schon wieder um, aber wir werden einen Teil unserer Seminarräume abgeben und sind dabei, unsere wunderschönen Seminarräume, die „Lounge“ mit Erker-Blick auf den Wien-Schreib-Fluss und die „Factory“ mit der Hybrid-Anlage aufzupeppen und auch etwas kuscheliger zu gestalten. Es schaut so toll aus – das müsst ihr sehen!*

Einige Tische, Stühle und Lehnsessel werden wir verabschieden. Darunter fällt auch der rote Schreibtisch. DER rote Schreibtisch! Seit etwa 15 Jahren ist der kleine Sekretär von „Werkhaus“ ein „Oh! & Ah!“-Stück im writers´studio. „Oh, darf ich hier schreiben?“, fragen die Teilnehmer:innen mit glänzenden Augen. „Ah, wie schön,“ rufen sie aus. „Wo hast du den her? Und wo gibt es ihn zu kaufen?“ Nein, es gibt ihn seit vielen Jahren nicht mehr am Markt. Jetzt ist die Gelegenheit! Wir versteigern ihn. Naja, so ähnlich. Wir verschenken ihn um eine Spende von mindestens 100€. Wer mehr und am meisten bietet und ihn bis spätestens Ende Juni bei uns in Wien 5 abholen kann, bekommt ihn. Das läuft (ausschließlich) über Willhaben unter diesem Link.

Zweitens möchte ich euch erzählen, dass wir weiterlesen →

Brief 120 : Ich hab so gewartet auf diese Ausstellung: Käfig öffnen!

Liebe Schreiber:innen

Kennt ihr dieses Bild? Nein? Noch nicht? Bitte merken, bitte verteilen, bitte bekannt machen! Das ist das Bild, das neben Klimts Kuss zu einer Ikone gemacht werden muss! Es heißt „Silvia Koller mit Vogelkäfig“ und wurde 1908/09 von der Wiener Künstlerin Broncia Koller-Pinell gemalt. Sie war eine von „Klimts Schwestern“, wie ich sie nenne, die vergessen (gemacht) wurden. Vor 5 Jahren hat die sensationelle Ausstellung „Die Stadt der Frauen“ im Belvedere sagenhafte 56 (!) Malerinnen, die von 1900 bis 1956 in Wien tätig waren und aus dem kulturellen Gedächtnis gelöscht worden waren, endlich wieder ans Licht der Öffentlichkeit gebracht.

In meinem Essay „Wer hat Angst vor Klimts Schwestern?“ (Mai 2019) beschrieb ich, wie mich diese „neuen Malerinnen“ in meinem Leben und Denken berührt haben. Und nun endlich ist sie da: die Einzelausstellung über Broncia Koller-Pinell, die eng mit Klimt zusammengearbeitet hat, mit Freud und Schiele befreundet war und zu Lebzeiten international ausgestellt hat. Sie zählte zur Avantgarde und war eine extrem gut vernetzte Künstlerin und Kunstmäzenin. (Die Ausstellung läuft noch bis 8. Sept. 2024 im Unteren Belvedere in Wien.)

Im Bild „Silvia Koller mit Vogelkäfig“ (1908/09) stellt Koller-Pinell ihre Tochter Silvia dar. Ist es nicht weiterlesen →

Brief 119: Krankheit braucht Kreativität und Körperarbeit, Gesundheit auch!

Liebe Schreiberin, lieber Schreiber!

Ach, was täte ich nur ohne das Zeichnen, Malen und Basteln (gemeinsam mit Ida)? Was wäre ich ohne Schreiben (Morgenseiten & mein Buch)? Und wo bliebe ich ohne Yoga, Tanz & Co? Gerade in den letzten Wochen, in denen ich ziemlich neben der Spur bin. Seit ich mit der Schilddrüsenerkrankung „Morbus Basedow“ diagnostiziert wurde und mit anderen darüber spreche, scheint mir, als hätten extrem viele Menschen, v. a. Frauen, Probleme mit der Schilddrüse. Ich muss nun starke Medikamente nehmen, die mich sehr müde machen und verlangsamen. Das ist nicht leicht, das ist eine große Umstellung, die mich vermutlich einige Jahre begleiten wird. Ich muss einfach runter vom Pedal. Meine aufgepeitschte Schilddrüse sagt: „Schlaf, sitz, schreib für dich!“ Sie sagt auch: „Kümmere dich um deinen Körper!“

Um trotz der Medikamente geistig wach zu werden, geh ich weiterlesen →

Brief 118: Vibrantly empowering: New York & das writers’studio

Liebe Schreiberin, lieber Schreiber!

Juhu, endlich März! Ich bin wieder einmal gestärkt, „empowered“ und aufgeladen aus New York zurückgekommen. Durch die Ausstellung der großen feministischen Künstlerin Judy Chicago im fabelhaften „New Museum“, Jazz-Konzerte in kleinen Clubs, Treffen mit Freund:innen, viel Schreibzeit an einem geliehenen wunderbaren Schreibtisch in beloved Brooklyn und dann noch das:

Am letzten Abend verirre ich mich im East Village in eine Tiki-Bar (Hawaii, Cocktails etc.) mit Punk Musik (yes!), namens „Otto´s Shrunken Head“, weil da angeblich im Hinterzimmer ein Collage Poetry Workshop sattfinden soll. Wegen eines angekündigten Schneesturms war der aber leider abgesagt. Der Barmann lädt mich entschuldigend auf einen Drink ein, wir reden über amerikanische Politik und Geschichte und er sagt: „There is improv theater later on in the back room. You should check it out!“ Er mixt mir einen cremigen Spezial-Cocktail mit viel Limetten und ich sammle Mut für das Improv-Theater, bei dem es an sich keine Zuschauer:innen gibt, alle improvisieren mit. Auweia. Aber „Bird“, der Leiter sagt zu mir an der Bar, er freue sich, wenn ich dabei sei und ich könne spontan entscheiden, wie und ob ich mich einbringen wolle. Das Wichtigste sei, dass wir uns im Spiel mit liebevollem Respekt begegnen und aufgreifen, was kommt.

Auf ein Stichwort hin, „Flugzeug“, spielen etwa zehn Leute Szenen im Cockpit, die übergehen in die Therapiestunde des Piloten und dann wiederum in eine Szene zwischen dem Piloten und seinen Kindern. Ich bin einfach nur baff, wie sie spielen, wie sie sich anfeuern, wie locker, wie kreativ, wie frei sie sind … und wie spannend es ist, zuzuschauen. Bird sagt: „Vielleicht möchte jemand, der das noch nie gemacht hat, nach vor kommen … es wird einen Riesenapplaus geben und alles ist okay in diesem unbekannten Hinterzimmer.“ Gerade, als ich von der hinteren Eckbank aufstehen und nach vor gehen möchte, kommt mir jemand zuvor, der auch noch nie „improv“ gespielt hat. Doch am Schluss der Session fragt Bird mich speziell vor allen, wie ich es empfunden habe, was mir aufgefallen sei. weiterlesen →

Brief 117: Last call: Eine sterbende Liebe..

Liebe Schreiberin, lieber Schreiber!

 

„Eine sterbende Liebe ist schöner als eine werdende.“ Dieser Sager von Georg Büchner (im Theaterstück „Leonce & Lena“) hat mich in meiner Studienzeit sehr fasziniert. Einmal habe ich ihn zitiert, als ich eine Freundin traf, die gerade frisch getrennt war. Mehr noch, ich habe ihr eine getrocknete Rose überreicht und gesagt: „Eine sterbende Liebe ist schöner als …“ Sie sah mich entsetzt an. Und es tat mir wirklich leid. Wer war ich, ihren Schmerz zu ironisieren? Verlust, Krise, Scheitern ist nicht schön. Aber fast immer ist es der Beginn von etwas Neuem. Das Wort „Krise“ heißt ursprünglich trennen, entscheiden, wenden.

Ich denke wir stehen an einer Wende. So viel ändert sich, verschwindet, stellt sich in Frage. Ein Freund hat zu mir unlängst gesagt, jetzt kommt die große Zeit der Weiterbildung. Firmen müssen attraktive Angebote an Mitarbeiter:innen machen, um sie zu halten oder zu gewinnen. Und Selbständige brauchen neue Inputs, Strategien, Methoden, um sich an neue Gegebenheiten anzupassen, ja diese für sich zu nutzen.

Deshalb hier, am Anfang dieses neuen Schreib- und Weiterbildungsjahres ein Last Call:
Jetzt kannst du noch rasch einsteigen in unsere Lehrgänge (oder deine Mitarbeiter:innen dazu bewegen).

1.    Besonders möchte ich auf unseren neu gestalteten Lehrgang „Journal Writing Methoden“ hinweisen. Was für eine spannende, breit einsetzbare, sinnvolle Weiterbildung für alle, die mit Menschen arbeiten, ob Lehrer:innen, Sozialarbeiter:innen, Jugendbetreuer:innen,  Psychotherapeut:innen, Coaches, Lebens- & Sozialberater:innen, Trainer:innen, Unternehmensberater:innen. Die große Frage dahinter ist: Wie kann freies Schreiben nur für die eigenen Augen („Journal Writing“) eingesetzt werden, um sich und andere auf ganz neue Ebenen der Reflexion, der Lösungskompetenz, des Verstehens, des Loslassens, des Kreativseins zu bringen?
Bisherige Absolventinnen haben auf geniale Weise die Methodenvielfalt des Lehrgangs als Basis genutzt, um Schreibangebote für ihren Spezialbereich zu entwickeln. So hat z.B. Christine Gruber, Gründerin des Trauma-Instituts UNUM für ihre Klient:innen eine ganz neue Weise des traumasensiblen Schreibens entwickelt, das sie seit einigen Jahren erfolgreich anbietet. Wenn Klientinnen begleitend zu Coaching oder Therapie für sich selbst schreiben, weiterlesen →